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Arnold Niederer ist am 3. Dezember 1914 als zweiter Sohn des Eisenbahners Johannes Niederer und dessen Frau Luise geb. Burkhalter in St. Gallen geboren. Als er 2 Jahre alt war, starb seine Mutter, und er wuchs bei Verwandten in Belp im Kanton Bern auf. Durch seinen Onkel Fritz Burkhalter, der Primarlehrer war, wurde der aufgeweckte Junge früh gefördert. Bereits als Siebenjähriger las er einem anderen, blinden Onkel aus der Zeitung vor. Mit 16 Jahren, nach der Sekundarschule, begann er eine Lehre bei einem Tabakwaren-Grosshändler in Lausanne, die er nicht nur mit kaufmännischen, sondern auch mit sehr guten Französisch-Kenntnissen abschloss.
Da er in den Jahren der Rezession keine Stelle fand, zog er als Verkäufer für Raucherwaren und Wanderlehrer für Französisch (meist zu Fuss) durchs Wallis und kam 1933, als knapp 20Jähriger, zum ersten Mal ins Lötschental. Seine Erinnerung begann mit dem 700-Jahr-Jubiläum der Pfarrei Kippel und der Theateraufführung ”Der Segensonntag“ von Prior Siegen. Bei seinen Französischkursen für Bergführer, Gastwirte und andere interessierte Personen gegen geringes Entgelt lernte er den Lötschentaler Maler Albert Nyfeler kennen, der ihn für zwei Jahre als Sekretär beschäftigte und ihm später ermöglichte, seine Matur nachzuholen. Mit der Hilfe auch anderer Menschen und mit ungeheurem Fleiss konnte er in Zürich Romanistik sowie Volkskunde studieren und 1956 mit der Doktorarbeit über das Thema ”Gemeinwerk im Wallis“ abschliessen.
Mehrere Jahre lang war er Lehrer und später Vorsteher der Gewerbeschule in Zürich, bis er 1964 als Professor an die Universität Zürich berufen wurde. 1969 begegnete er in Tübingen der Volkskundlerin Loni Nelken, die er 1972 heiratete. Er war damals 58 und sie 44 Jahre alt. Das Paar hat keine leiblichen Nachkommen, aber aus fruchtbarer Zusammenarbeit gingen zahlreiche „geistige“ Kinder hervor, wie etwa das Lötschentaler Museum. Auch erforderten die zahlreichen Ehrenämter innerhalb der Volkskunde, der Universität und der Stadt Zürich eine umfangreiche Korrespondenz. Zudem gab es einen grossen Freundeskreis in der ganzen Welt; der zur Gewohnheit gewordene Neujahrsbrief zum Beispiel wurde an ca. 700 Adressen verschickt.
Viele dauerhafte Freundschaften mit ausländischen Familien sind in den sechziger und siebziger Jahren entstanden, als Arnold Niederer sich mit Überzeugung für die Fremdarbeiter einsetzte. Als Sozialdemokrat verfolgte er kritisch das politische Geschehen und konnte in Zorn geraten über Fehlentscheide, die auf Kosten der Schwachen gefällt wurden. Er war kein fleissiger Kirchgänger, aber ein gläubiger Mensch, und sein Leben war geprägt von christlicher Ethik. Er hat manche Hunderternote ausgeteilt, ohne dass er sie von der Steuer absetzen konnte, und stets so, dass sie den Empfangenden nicht beschämte; oft tat er so, als bekäme er das Geld von irgendwoher zurück. Selbst lebte er äusserst bescheiden, zum Beispiel seit 57 Jahren in derselben 3-Zimmer-Dachwohnung. Er verlangte jedoch viel von sich selbst, und wenn er an die Grenzen stiess, konnte er in tiefe Depressionen fallen. Sein Forschungssemester 1978 nutzte er für einen Sprung über den Ozean in die USA. Hier besuchte er Robert Netting, Gene Muehlbauer und John Friedl – drei namhafte Kulturanthropologen, die er im Wallis im Zusammenhang mit deren Forschungsarbeiten kennen gelernt hatte.
Bis zuletzt faszinierte ihn alles, was gedruckt war; er las vom frühen Morgen bis in die Nacht, obwohl seine Augen das eigentlich nicht mehr zuliessen. Auch sonst machte sich die Altersschwäche zunehmend bemerkbar, und sein sehnlichster Wunsch war es, nicht völlig abhängig zu werden. Dieser Wunsch wurde ihm erfüllt. Nach einem Sturz mit Hirnblutung (auf dem Weg zum Briefkasten) wurde er am Sonntagabend dem 5. April, bewusstlos ins Waidspital eingeliefert und wachte nicht mehr auf. Vermutlich hatte er keine Schmerzen mehr gehabt. Seine Frau konnte bei ihm sein, bis er am Morgen kurz vor 6 Uhr den letzten schwachen Atemzug tat.